Remigiusessen des Weinkollegiums Boppard

Remigiusessen, das ist alljährlich ein Höhepunkt im Programm dieses Kollegiums, zu dem Schultheiß Hans Peter Schüz wieder 45 erwartungsfroh gestimmte Gäste im festlich erleuchteten Restaurant ?Le Chopin? des
?Hotel Bellevue? begrüßen konnte, insbesondere auch den Ehren-schultheiß Winfried Rinke und seine Frau Ingrid.
Bei einem Glas Sekt begann der Abend sofort mit angeregten Gesprächen.
Der Vorstand hatte mit dem Haus ein ansprechendes Menue abgesprochen, wobei man sich schon bei der Anmeldung für das Hauptgericht hatte entscheiden müssen: ?Auf der Haut gebratene Dorade mit Orangen-Fenchel und Risoleekartoffeln? oder ?Karree vom Duroc Schwein im ganzen gebraten mit gefüllter Ratatouille-Tomate und Kartoffel ? Baumkuchen?. ?Fischesser? und ?Fleischfreunde? kamen voll auf ihre Kosten.
Kulturell bereichert wurde der Abend wieder durch Weinfreund Dr. Werner Schmidt. Er hatte entsprechende Unterlagen gefunden, die zeigten, wie sich die Franzosen in den verschiedenen Zeiten von Besetzung vor Ausplünderung durch deutsche Soldaten ? meist mit Erfolg ? geschützt hatten. Gerade an der Loire mit ihren zahllosen Höhlen im Kalkfelsen hatte es dafür gute Voraussetzungen gegeben. So wurden dort etliche dieser Höhlen mit großen Mengen von Wein und Champagner zugemauert und unkenntlich gemacht. Auch wenn man bedenkt, dass diese Berichte aus der Sicht von Franzosen geschrieben waren, so muss man doch erkennen, dass das Verhalten der Deutschen in der damaligen Situation kein Ruhmesblatt darstellt.
Im Hinblick auf das Jubiläum des Weinkollegiums im vergangenen Juli trug Frau Sylvia Freitag ein Gedicht von Mascha Kaléko vor mit dem Titel ?Abermals ein Jubiläum?. Mascha Kaléko (1907 ? 1975) ist eine Dichterin österreichisch-jüdischer bzw. russisch-jüdischer Abstammung. Sie lebte von 1907 bis zur Emigration in die Vereinigten Staaten im Jahre 1938 in Deutschland (in Frankfurt, Marburg und Berlin). Ihre Dichtung ist heute wieder gefragt.

?Abermals ein Jubiläum

Laßt uns, ihr Freunde, ohne viel Geschrei
Dem nächsten Jubeltag entgegengehen!
Die Hälfte unseres Lebens ist vorbei.
Nun gilt es noch, den Rest zu überstehen.

Nichts gleicht dem vielgeschmähten Jugendrausch!
Und Lob des Alters ? nichts wie saure Trauben.
Vernunft und Reife? Brüder, welch ein Tausch,
Wenn man bedenkt, was uns die Jahre rauben.

Der Adler, er verlor die kühnen Schwingen.
Der Schmetterling, er wurde korpulent.
Die Nachtigall, sie hörte auf zu singen.
Der Löwe? Macht nun brav sein Testament.

Die Jahre ziehn, ein müdes graues Heer.
Und damals, das ist lange, lange her ?
Weil alles so vergeht, was dich einst freute

Und was dir wehgetan: Trink deinen Wein!
Was gestern morgen war, ist heute heute.
Was heute heute ist, wird morgen gestern sein.

Prägt euch das ein.?

Als man auseinander ging, waren sich die Teilnehmer sicher, wieder einen angenehmen, interessanten und genussreichen Abend erlebt zu haben.
Hans – Hermann Oehl