Treffen der Mittelrheinischen Weinbruderschaften in Boppard

Das jährliche Treffen der Mittelrheinischen Weinbruderschaften fand in diesem Jahr in Boppard statt.

Es fiel zusammen mit dem Jubiläum ?25 Jahre Weinkollegium kgl. Kelterhaus zu St. Remigius in Boppard?. Pünktlich trafen die Abordnungen der ?Weinzunft Bacchus Zechgesellschaft Bacharach-Steeg 1328?, der ?Weinbruderschaft unserer Lieben Frau zu Oberwesel A.D. 1258? und des ?Weinkonvent zum Heiligen Goar e.V.? bei herrlichem Sommerwetter im wunderschönen Kastaniengarten des ?Weinhaus Hl. Grab? ein, wo sie von den Bopparder Weinfreunden erwartet wurden. Bei einem Glas Sekt gab es eine erste Begrüßung und angeregte Gespräche, bevor man sich zur St. Severuskirche begab. W. Nickenig, Dr. W. Schmidt und F. Hicke hatten es übernommen, den Weinfreunden diese Kirche und insbesondere das frühchristliche Taufbecken zu zeigen, das bei der kürzlich erfolgten Renovierung einen verbesserten Zugang erhalten hatte. Selbst für manchen Bopparder Weinfreund brachte dieser Besuch ein neues Erlebnis.

Im Garten der Bundesverwaltungsakademie begann dann Teil 2 der Veranstaltung. Der Begrüßung durch Schultheiß H.P. Schüz folgten die Grußworte. Es war sicher nicht als ?Gag? geplant, dass der Platz für die Redner dabei durch einen Sonnenschirm mit einer großen Reklame für ?Koblenzer? Bier geschützt wurde.
Landrat B. Fleck machte deutlich, dass sein Engagement für den Mittelrheinweinbau nicht nur durch seine Funktionen komme (er ist u.a. Vorsitzender der ?Mittelrhein Weinwerbung?), sondern dass er auch gerne ?Ehrenwinzer? sei, Mitglied in zwei Weinbruderschaften und ? gemeinsam mit vier Kollegen ? 1000 qm Rebfläche im Steilhang (unter Anleitung eines Winzers) selbst bearbeite. So könne er die schwere Arbeit der Winzer beurteilen und würdigen. Er gab ein engagiertes Plädoyer ab für die neue ?Mittelrhein Wein Charta?, in welcher sich 38 Winzer zusammengeschlossen haben, um Riesling- weine mit besonderen Qualitätsmerkmalen als ?Profilweine? anzubieten und so einheitlich für den
Riesling zu werben.
Bürgermeister Dr. W. Bersch überbrachte die Grüße der Stadt, verbunden mit einem Obolus und der Ankündigung, dass geplant sei, Schultheiß H.P. Schüz in Anerkennung der Verdienste des Weinkollegiums um den Bopparder Wein zum ?Ehrenwinzer? zu ernennen. Er erinnerte auch daran, dass vor wenigen Jahren durch die Verwaltung fast in Unkenntnis der Folgen der ?Wohnplatz Bopparder Hamm? aus der ?Liste Rheinland ? Pfälzischer Wohnplätze? gestrichen worden sei, weil dort seit Jahrhunderten niemand mehr wohne. Nur durch engagiertes Eintreten von A. Perll sei das verhindert worden und nur so dürfe auf den Etiketten weiterhin ?Bopparder Hamm? stehen.
J. Blasch, Geschäftsführer der Akademie und damit Hausherr, sprach über die Bedeutung des Hauses für die Fortbildung von Bediensteten des Bundes. Ca. 4000 Teilnehmer hätten im vergangenen Jahr die Veranstaltungen des Hauses besucht.

Nach einem gemeinsamen Abendessen begab man sich in die Aula der Akademie. Lothar Mayer (am Flügel) eröffnete mit seinem Kollegen Andreas Winnen (Geige) mit dem ersten Satz der Sonate G Dur op. 13 von Edvard Grieg den festlichen Abend. Ein Vortrag von Schultheiß Schüz über die ?Ursprünge des Weinkollegiums königliches Kelter- haus zu St. Remigius in Boppard? folgte (der komplette Wortlaut steht am Ende dieses Berichtes). Nach dem 2. und 3. Satz der Sonate startete man eine festliche Weinprobe. Moderiert wurde diese von Kalle Grundmann, Pastoralreferent des Bistums Trier, und von der Mittelrhein Weinkönigin Anna Persch. Kalle Grundmann wies auf seine ?Doppelqualifikation? als ?Theologe? und als ?Weinerlebnisbegleiter? hin und er ergänzte so seine Aussagen zu den Weinen immer mit Zitaten aus der Bibel. Im Verlauf der Probe nahmen die Einzelgespräche allerdings zu und es wurde immer schwieriger, den Saal ?unter Kontrolle? zu halten. Elf Weine von Mitgliedswinzern bewiesen die hohe Qualität der heimischen Weine, Höhepunkt war dabei unstrittig ein Wein aus dem Gründungsjahr des Weinkollegiums, ein ?1988er Bopparder Hamm Feuerlay Riesling Eiswein? aus dem Weingut Königshof.
Nicht nur durch die Festschrift ?25 Jahre Weinkollegium kgl. Kelterhaus zu St. Remigius in Boppard?, die die Teilnehmer mit nach Hause nehmen durften, wird diese Veranstaltung sicher allen in guter Erinnerung bleiben.
Fotos: S. Breitbach, W. P. Schallenberg und N. Breitbach
Text: H. ? H. Oehl

Wortlaut der Rede von Schultheiß H.P.Schüz:
?Liebe Weinfreunde, verehrte Gäste,
wir begehen das 25 jährige Bestehen des Weinkollegiums königliches Kelterhaus zu St. Remigius in Boppard.
25 Jahre sind eigentlich an Jahren nicht viel gemessen an der Tradition anderer Weinbruderschaften wie die der Weinbruderschaft unserer lieben Frau zu Oberwesel von 1258 oder der Weinzunft Bacchus Zechgesellschaft Bacharach – Steeg von 1328.
25 Jahre bedeuten aber auch annähernd eine Generation und zeigen sich in der zunehmenden ? Weißhaarigkeit ? unsrer Gründungsmitglieder.
Mein heutiges Thema lautet:
?Ursprung des Weinkollegiums königliches Kelterhaus zu St. Remigius in Boppard?.
Zitieren darf ich unseren ersten, leider verstorbenen Schultheiß, Herrn Leopold Ensgraber, der auf Grund seiner außergewöhnlichen Geschichtskenntnisse und seiner Liebe zum Versmaß des griechischen Hexameters die Geschichte des Weinbaus in Boppard wie folgt niedergelegt hat.
Ich zitiere:
?Werte Freunde und Gäste, die Ihr versammelt im Kreise,
höret nun an die Geschichte des Weines, so wie sie geschehen,
in der Jahrhunderte Gang am Hamm und an den Hängen des Rheines.
Als man schrieb 600 die Jahrung im Laufe der Zeiten
Und 43 dazu seit Christi Geburten,
siegelte Sigibert einst, der König der Merowinger
Kuniberten aus Köln, dem Bischof und Herzog der Franken
einen Weinberg am Hamm ?in termine Bodofricensis?.
Ebenso ward bezeugt Besitz und Rechte der Reimser,
wo Remigius einst gewirkt hat in christlichem Geiste,
hiervon trug die Kelter, das Haus, der Hof seinen Namen,
der bis heute im Brauch für das Land, an der Mündung des Mühlbachs gelegen.
Otto der Zweite gab dann den Gutshof an seine Gemahlin,
die vom fernen Byzanz und Theophanum geheißen,
mit dem Haus, der Kapelle und Kelter am Strome,
um zu dienen der Frau als Gut für die fernere Zukunft.
Hier am Bach stand einst auch die Pfalz, die sicherte Häuser und Scheunen.
Heinrich der Vierte gab dann der Stadt den Markt und die Münze,
hob damit den Glanz, die Bedeutung des Bopparder Reiches,
das nun bildet mit Wesel zusammen die Prokuratione am Rheine.
Barbarossa, der Kaiser begründet das Kloster am Hamen,
im Königslande gelegen und PEDERNACUM geheißen,
hier in Boppard erhält Ottokar die Krone der Böhmen,
um zu binden für immer das Land an die Geschicke des Reiches.
Mit dem Wandern der Zeit blieb Haus und Kelter beim König,
so hat Philipp von Schwaben im Jahre zwölfhundert und viere,
dreißig Fuder vom Besten dem Brabanter Herzog gewähret.
Auch das Siegel der Stadt, das schmückt die Freunde des Weines,
stammt aus der Zeit und zeiget den Adler des Reiches,
der die Fittiche streckt über die Zinnen, Mauern und Türme
Romani imperii oppidi Boppardiae notae.
Nach der kaiserlosen, der schrecklichen Zeit feierte schließlich
1282 Rudolf von Habsburg mit Glanz den Hoftag in Boppard,
der fürderhin bildet den Stützpunkt von Trier am Rheine.
Balduin dann, aus dem Lützelburger Geschlechte,
formte aus einzelnen Teilen der Länder und Gaue
einen mächtigen Staat von der Maas bis zu Hunsrück und Eifel.
Über der Zeiten Folge blieb der Hamm in den Händen der Großen,
bis Napoleon der Korse zerschlug das Reich und bestimmte den Ländern,
die am linken Ufer des Rheines, Gesetze und Rechte.
Jetzt beginnt für den Weinbau der Stadt und dem Hamen
eine neue Seite des Buchs der Geschichte der Neuzeit.
Bopparder Winzer und Bürger, sie werden Besitzer der Zeilen,
die Jahrhunderte lang gehörten dem König, den Stiftern und Klöstern.
Neu ersteht in unsren Tagen Gemeinschaft der Freunde,
die sich sammeln weithin mit des Remigius Namen und Banner,
werden mit Liebe erforschen Geschichte und Brauchtum des Weines,
pflegen Kultur und Kenntnis des edlen Trankes der Heimat,
werden die Augen uns lenken auf vielerlei Dinge und Fakten,
die um den Wein geschehen und bilden ein Stück unsres Lebens.
? In signo vitis ? im Zeichen der Traube ? ?
Ende des Zitates Leopold Ensgraber.
Anlässlich unsrer Gründungsversammlung am 20.März 1988 hatte unser Siegelbewahrer, Herr Dr. Schmidt die Zielsetzung vorgelegt, in der in kurzen Zügen über unser Weinkollegium umrissen wird, u.a.: ?wollen wir beginnen zu sammeln, was der Erinnerung dient?, vor allem Aufzeichnungen und Dokumente.
Einen solchen Versuch möchte ich heute vor Ihnen machen.
Ich habe für uns in Büchern und anderen Unterlagen nachgelesen, als ? Kollege und Weinfreund im Weinkollegium?. Erwarten Sie bitte deshalb von mir keine geschichtswissenschaftliche Arbeit und auch keinen Festvortrag. Vielmehr möchte ich aus dem heutigen Anlass, dem 25 jährigen Bestehens des Weinkollegiums auf unsere Namensgebung ?St. Remigius?, ?Kelterhaus? und das ?Königliche? in gegebener Kürze eingehen.
Lassen Sie mich mit St. Remigius beginnen:
Dieser Name führt uns nach Reims in die Champagne, ursprünglich in einer uralten gallischen Siedlung des Volksstammes der Remer mit dem latinisierten Namen Remorum.
Reims gehörte zu damaliger Zeit zur römischen Provinz – Belgica.
Schon sehr früh, nämlich gegen 300 war dort das Christentum verbreitet und es gab Bischöfe, von denen mehrere heilig gesprochen wurden.
Beim heiligen Remigius darf man annehmen, dass er seinen Namen vielleicht nach dem Namen seines Bischofssitzes gewählt hat, etwa der aus Reims oder der ?Reimser?.
Aber wie kommt nun die Verbindung zwischen Reims und Boppard zustande?
Sehr wahrscheinlich über Handelsbeziehungen, über die relativ gut ausgebauten Römerstrassen, möglicherweise aber auch über die Flüsse VESLE, MOSELLA und RHENUM FLUMEN. Als Handelsgegenstand darf man mit großer Wahrscheinlichkeit auch den guten Bopparder Wein annehmen.
Vielleicht hat der Bischof von Reims auf seine Kosten in Boppard eine Kapelle oder Ähnliches errichten lassen. Als Gegenleistung gingen mehrere Fuder Wein zu Gunsten des Bischofs rheinabwärts, der den Wein dort anderweitig verkauft hat.
Und zu Ehren des Bischofs erhielt das Bauwerk seinen Namen. St. Remigius war im Besitz des Erzstiftes zu Reims und stand außerhalb der Stadtmauern, flussab ? Kreuzweg / Remigiusplatz. Man darf annehmen, dass dazugehörten: Haus und Scheune, Inventar und Hörige. d.h. Leute, die die Arbeit tun mussten und unfrei waren.
Ebenso gehörten dazu Wingerte und ein Kelterhaus. Für die Kapelle St. Martin, etwas flussaufwärts gelegen, ist ein derartiger Besitz verbrieft.
Wie kam es nun zu dieser Bedeutung Boppards?
Mit dem Niedergang des römischen Reiches kamen die Franken, Bauern, die weiten Lebensraum, sprich Anbauflächen oder Agrarraum brauchten.
Es ist anzunehmen, dass diese sehr bald die Vorzüge einer gewachsenen und gesunden Gemeinde zu schätzen lernten und damit Weinherstellung und Handel verbunden haben. Gern überließen sie den Weinbau den angestammten Winzern, die sie wohl als Hörige aus dem Besitz der Römer übernahmen.
Verkehrsmäßig war Boppard erschlossen über den Hunsrück und Taunus, in erster Linie aber über den Rheinstrom.
Boppard wurde ein Umschlagplatz, wo Handel und Handwerk blühten, Fahrensleute abstiegen, und zu einer Stätte, wo Zoll erhoben wurde und auch eine Münze entstand.
Nun fanden die Könige Gefallen an Boppard wegen der zentralen Lage im Ostreich.
Boppard hatte an König und Reich Abgaben (Naturalprodukte ) zu entrichten. Und anstatt Brot, Fleisch und Wein auf die Reise zu schicken, kam der König umgekehrt mit seinem Gefolge den leiblichen Genüssen entgegen. Als notwendige Herberge entstand nach und nach der Königshof im Norden der Stadt, vor den Toren, wo heute das Haus Belgrano, die weiße Villa usw. stehen. In einigen Landkarten wird das unterste Stück des Mühlbaches, unter der Bahnlinie hindurch am Remigiusplatz vorbei, noch als Königsbach bezeichnet: Ein Hinweis auf die große Vergangenheit. St. Remigius wurde wahrscheinlich darin einbezogen, die Wirtschaftsräume entsprechend erweitert und damit wurde das Kelterhaus ?Königlich?.
In ähnlicher Weise entwickelten sich übrigens andere römische Kastelle wie etwa Remagen, Andernach, Koblenz, Oberwinter, Bingen oder Bad Kreuznach.
Waren die Vorräte in einem Königshof aufgezehrt, zog der König ? per Schiff ? zum nächsten weiter.
Die Anforderungen an einen Königshof waren erheblich.
Hier musste eine beachtliche Produktions- und Beherbergungskapazität vorgehalten werden, vergleichbar mit einem Hotelbetrieb mit eigener Lebensmittelherstellung.
Aber auch die Stadt Boppard musste sich beteiligen, etwa bei der Unterhaltung der Bauwerke.
Diejenigen, die harte Arbeit verrichten mussten, waren zunächst leibeigen, sie waren im Besitz des Herren und konnten verkauft oder verschenkt werden.
Doch schon verhältnismäßig früh kamen sie zu mehr Freiheit und zu kleinen Privilegien. Ihre Tätigkeit wurde abgegolten und Ihre Leistungen mit der Befreiung von Abgaben belohnt.
Vom jeweiligen Königshof regierte der König, empfing Gesandte, fertigte Urkunden aus, oder rief seine Fürsten und Getreuen zu sich. Der König verlieh Rechte und Befugnisse.
So hatte Boppard eine Münze und durfte Zoll bei der Rheinschifffahrt erheben. So kam es zu einem ständigen Geben und Nehmen. Hier die Stadt und da, auch räumlich abgesetzt, der Königshof. Beide profitierten voneinander. Mit der Bedeutung des Königshofes wuchs auch die Stadt. Die Rechtsprechung besorgte der Schultheiß des Reiches unmittelbar, also hatte Boppard auch ein eigenes Gericht.
Der König hatte natürlich auch seine ? sagen wir ? Angestellten, also hohe Beamte, die Ministerialen z.B. die Ritter von Eltz, Bayer, Schalbach, derer von Schöneck oder von Waldeck.
Im weiteren Verlauf der Geschichte waren die Könige, wenn in Geldverlegenheit ? und wann waren sie es nicht (es ist wie im heutigen politischen Leben in Berlin und in den Landeshauptstädten) ? wieder und wieder genötigt, Schulden abzutragen. Sie mussten deshalb Rechte und Produkte (z. B. Wein) veräußern.
Das königliche Kelterhaus war, wie schriftlich belegt, in der Lage, eine erhebliche Menge von rund 35000 Litern Wein auf einmal abzugeben.
Reichten aber einmalige Lieferungen an Lebensmitteln nicht aus, die Verpflichtungen einzulösen, wurde der Zehnte abgetreten, schließlich Ländereien ?geschenkt?.
Als auch dies nicht mehr ausreichte, musste Boppard verpfändet werden. Zunächst an Jülich und schließlich an den Fürstbischof Balduin von Trier.
Soweit die Darstellungen, um ein Bild von Wachstum und Funktion des Königshofes zu zeichnen. Nach seiner Zerstörung ist für mehr als 350 Jahre, bis zu einem Bau durch Privathand, nichts Rühmliches zu berichten. Von den Ruinen wurden Steine abgetragen und zu Neubauten verwendet. Schließlich wurden die Reste fast vollständig zerstört, weil man noch alte königliche Schätze zu finden hoffte.
Durch seine Namensgebung will das Weinkollegium an die große Vergangenheit der Vaterstadt anknüpfen, eine Brücke schlagen zur St. Remigius Kapelle, und zur Königspfalz mit seinem Kelterhaus sowie die Erinnerung pflegen – !!
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.?